Weniger schädliches Multitasking! Mehr Projekte! Kurz CCPM!
priese / No CommentsWeniger schädliches Multitasking! Mehr Projekte! Kurz CCPM!
Dr.-Ing. Jörg Priese
Stellen Sie sich vor, alle ihre Mitarbeiter würden sich immer konzentriert und ohne Unterbrechungen genau mit der richtigen Aufgabe beschäftigen. Multitasking würde der Vergangenheit angehören, Stress reduziert und die Qualität der Ergebnisse steigt. Termintreue und kurze Durchlaufzeiten würden sich positiv entwickeln und insgesamt würde der Output steigen. Ihr Vertrieb hätte ideale Voraussetzungen diese Performance am Markt gewinnbringend zu verkaufen.
Eliyahu M. Goldratt stellte die Methode Critical Chain Project Management (CCPM) zur ganzheitlich Planung und darauf abgestimmten operative Steuerung von Projekten vor, die genau diese Ziele verfolgt:
Abbildung 1: Nachhaltiger Erfolg mittels ccpm
Im ersten Schritt wird Multitasking durch das Einfrieren von laufenden Projekten reduziert. Mitarbeiter werden auf weniger Projekte konzentriert und mittels des Hafenmeisterprinzips beschleunigt sich die Abarbeitung. Der Output wird unmittelbar steigen und erste Erfolge sichtbar.
Das heutige Standardmodell zur Projekabwicklung basisert auf der Einhaltung von Zwischenterminen. Wenn jeder seine Zwischentermine einhalten würde, wäre die Termintreue kein Problem. Zwischentermine werden dafür abgepuffert und die Pläne werden länger und länger. Leider ist somit der Bestand an laufenden Projekten viel größer als notwendig und Multitasking steigt.
Da jedem Mitarbeiter relativ viel Zeit für die einzelne Aufgabe zur Verfügung steht und viele andere Aufgaben auf seinem Tisch liegen, wird er die Erledigung auf den spätestmöglichen Termin verschieben (Studentensyndrom). Das Risiko steigt, dass trotz Puffer die Termine nicht gehalten werden. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, muss die Anzahl der parallel laufenden Projekte reduziert werden. Goldratt schlägt folgendes Vorgehen vor (Abbildung 2):
Abbildung 2: Reduzierung der Durchlaufzeit
Eine rückwärtsterminierte Einplanung der Projekte mit verkürzten Durchlaufzeiten reduziert den Input ins Unternehmen. Projekte werden jetzt später gestartet und der Umlaufbestand sinkt. Die Mitarbeiter bekommen die Möglichkeit effektiver zu arbeiten. Damit dies nachhaltig gelingt, muss die Einplanung der Projekte kapazitätsgeprüft erfolgen.
Mittels CCPM erfolgt dies im Engpass. Hier werden die Projekte gestaffelt. Wenn der Engpass kapazitiv in der Lage ist die Auftragslast zu stemmen, wird es im Normalfall auch allen anderen Abteilungen gelingen. Ein Engpass ist die Voraussetzung für eine funktionierende Termin- und Kapazitätsplanung.
Die Reduzierung jedes einzelnen Projektschrittes um 50% führt unweigerlich zu einer regelmäßig unvermeidbaren Überschreitung der Zwischentermine. Dies ist unkritisch, da die Überschreitung den Endpuffer reduziert. Der Liefertermin gerät erst in Gefahr, wenn der gesamte Puffer verbraucht wurde. Eine Steuerung auf Basis dieser Zwischentermine wird somit sinnlos.
Voraussetzung zur Projektsteuerung ist die transparente Darstellung der aktuellen Situation der laufenden Projekte. CCPM erreicht dies durch eine regelmäßige Rückmeldung der Restbearbeitungszeit sowie der Verzögerungsgründe der einzelnen Projektschritte. So wird es möglich jegliche Abweichung vorgeplanter Bearbeitungszeiten frühzeitig und vorausschauend zu bewerten.
Zwei einfache Kennzahlen sind zur Steuerung der Projekte notwendig. Zum einen die Dringlichkeit der Projekte. CCPM nutzt dabei das Verhältnis von Projektfortschritt zum Pufferverbrauch des jeweiligen Projektes. Projekte im roten Bereich haben überdurchschnittlich viel Puffer verbraucht (Projekt A in Abbildung 3). Diese Projekte bekommen eine hohe Priorität und die Aufmerksamkeit des Managements.
Abbildung 3: Priorisierung der Projekte mittels ccpm
Die zweite Kennzahl ist der Projektbestand pro Abteilung. Mit CCPM wird jedes Projekt spätestmöglich gestartet. Kein Projekt sollte auf eine lange Warteschlange oder einen ungeplanten Engpass treffen. Mit der kontinuierlichen Messung des Projektbestandes in jeder Abteilung kann schnell auf Engstellen reagiert werden.
Diese beiden Kennzahlen sind ebenso Voraussetzungen einer strategischen Kapazitätsplanung, um unabhängig vom zukünftigen Auftragseingang eine kurze Lieferzeit anbieten zu können.
Die vertriebsrelevanten Schritte 3 und 5 in Abbildung 1 sind unverzichtbar für den nachhaltigen Erfolg einer jeden Verbesserungsinitiative, werden aber häufig vernachlässigt. Im Idealfall sind sie der Ausgangspunkt einer jeden Initiative. Die konkrete Ausgestaltung wird immer vom Produkt, den Kunden, den Wettbewerbern und den Lieferanten abhängig sein. Folgend werden mögliche Ansätze aufgezeigt, die durch CCPM unterstützt werden:
— Es wird zur Regel, dass die Aufträge pünktlich oder vor der Zeit abgeschlossen werden. Dies könnte dem Kunden garantiert und mit marktunüblichen Pönalen untermauern werden. Entwickeln Sie so ein Angebot, dass die Kunden nicht ablehnen können.
— Die strategische Kapazitätsplanung ermöglicht dem Vertrieb, immer kurze Lieferzeiten anzubieten. Finden Sie die Kunden, denen dies einen höheren Preis wert ist.
— Häufig ist das eigene Projekt nur ein Teilprojekt in einem größeren Vorhaben des Kunden. Unternehmen könnten versuchen, bewusst auf die kritische Kette des Kunden zu gelangen. Damit führt eine Beschleunigung des eigenen Projektes zu einer Beschleunigung des Projektes des Kunden. Dies ist ein gutes Verkaufsargument. Der verkaufte Nutzen für den Kunden liegt jetzt nicht mehr in einzelnen Funktionen, sondern in Geschwindigkeit.
— Klassisch erfolgt die Kalkulation von Projekten mittels Zuschlagskalkulation. Das Projekt, welches die höchste Marge verspricht, wird angenommen. Die Zuschlagskalkulation vernachlässigt den Engpass. Es ist möglich, dass ein Projekt mit hoher Marge den Engpass unverhältnismäßig stark belastet und blockiert und damit in Summe den Gesamtumsatz gefährdet. Die Engpassauslegung durch ccpm bietet die Möglichkeit, Projekte mittels der Kennzahl „Durchsatz pro Zeitverbrauch im Engpass“ zu bewerten und darauf aufbauend eine Projektauswahl vorzunehmen.
Fazit
Es wird deutlich, dass CCPM weit mehr als eine weitere Schulung zum Thema Projektmanagement benötigt. Jede Abteilung im Unternehmen wird Arbeitsweisen anpassen müssen. Dies gilt insbesondere für das Management. CCPM zielt konsequent auf eine wertstromübergreifende, globale Optimierung. Häufig wird es notwendig Zielsysteme anzupassen, um lokale Optimierungen zu vermeiden.
Die jahrelang gelebte Terminsteuerung ist ohne erheblichen Aufwand für die Führung, Change Management und abgestimmter Kommunikation nicht zu ersetzen. Ebenso sind die Themen saubere Auftragsklärung (Clear Order) und inhaltliche Schnittstellengestaltung zwischen den Abteilungen im Unternehmen (Harte Übergabe) nachhaltig zu klären.
CCPM ist dabei kein Heilmittel für alle Probleme, aber insbesondere die Ziele „Reduzierung des Multitaskings“ und klare „Fokussierung auf wenige Projekte“ beinhalten enorme Potenziale. Daneben ermöglicht ein Verständnis der Engpasstheorie innerhalb des Managements eine völlig neue Perspektive auf notwendige Verbesserungen.
Keine andere Methode des Projektmanagements bietet vergleichbare Chancen, einen Wettbewerbsvorteil nachhaltig zu erlangen. Reduzierungen der Durchlaufzeiten um 25% sind ebenso realistisch, wie die Erhöhung des Outputs um mehr als 25%.
Brauchen Sie Unterstützung bei der Analyse vor Ort oder haben Interesse an mehr Informationen? Priese Consulting steht Ihnen zur Verfügung.
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